Ostfrieslandtour 2016


05. Mai bis 08. Mai 2016 / Leer > Spiekeroog > Dangast > Harrier Sand

Weitere Bilder zur Tour folgen noch!

Tag 0:

Am Bremer HBF steige ich samt Rad in den RE nach Leer, im gleichen Zug befinden sich bereits meine Begleiter Daniel, Carsten und Jan, die mich netterweise zu dieser Tour eingeladen haben – wobei Jan leider nicht mit auf die Tour kommt.

Den heutigen Abend werden wir in der Wohnung eines gemeinsamen Freundes verbringen, vornehmlich mit Grillen und Verköstigung lokaler Flüssigspezialitäten.

Die Freundin des Freundes erwartet und uns verkündet, man müsse „nur noch mal eben einen Schrank aus dem Keller hochtragen“, so dann gäbe es die versprochenen Grillgüter – wir als Teil der Generation IKEA erwarten natürlich einen säuberlich zerlegten PAX, es erwartet uns jedoch ein nur in zwei monströs große und schwere Teile „zerlegter“ Massivholzschrank von Oma. Die Worte „mal eben“ hätten uns stutzig werden lassen sollen, aber nun denn. Schrank hochgebuckelt, und wenn man schon dabei ist, kann man auch den Rest der Wohnzimmereinrichtung umstellen (haben wir auch brav getan).

 

Die grobe Planung wird besprochen und als Ziel morgen wird Spiekeroog anvisiert.


Tag 1:

Nach einer kurzen Nacht sind wir bei bestem Wetter um 0830h auf den Rädern und fahren Richtung Norden, der Küste entgegen. Um 1345h fährt die Fähre nach Spiekeroog, die wir unbedingt bekommen wollen, denn die folgende legt erst wieder um 2045h ab.

Der Weg ist führt zunächst durch das mehrt als spärlich besiedelte Umland Leers, und obwohl Vatertag ist, werden wir am gesamten Tag keine einzige trinkende / grölende / marodierende Herrentruppe entdecken – nicht einmal unauffällige Herrengruppen lassen sich entdecken.

Das Wetter ist großartig und sowohl Weg als auch Begleitung ebenfalls – um 1215h kommen wir in Neuharlingersiel an und buchen unsere Überfahrttickets; wir sind höchst erstaunt, dass die Mitnahme unseres Fahrräder das gleiche kosten sollen wie unsere eigene Passage – schlappe 30 EUR pro Rad bzw Kopf.

Kurz geschluckt, Kreditkarte eingeschoben und fertig ist die Buchung. Die Wartezeit bis zum Einschiffen verbringen wir bei einem Bierchen.

Der Verlademeister der Fähre ist wenig erfreut, unsere Fahrräder zu erblicken und fragt lauthals „Wäätt? Soll die au no mit odä wäätt?“ – Ja, bitte! „Ou nee Du… na gut, do muss ich mol kuggn, näch.“

Nach 45h Überfahrt auf einer proppenvollen Fähre warten wir am Kai auf unsere Räder… alles – wirklich ALLES wird entladen, Gepäckcontainer, Rollstühle, einzelne Fahrräder – nur unsere nicht. Zweifaches Nachfragen beim Fachpersonal erzeugt lediglich Achselzucken und den sachdienlichen Hinweis „das wissen nur die Kollegen drüben, ob die Verladen wurden, aber die haben jetzt Pause, da kann ich nix machen“.

Glücklicherweise öffnet dann ein weiterer Fährmann den letzten Container und siehe da: unsere Fahrräder. Schwein gehabt.

 

Den Rest des Tages verbringen wir auf dem schönen Zeltplatz auf dem Westzipfel Spiekeroogs, gammeln am Strand herum und machen Abends noch eine Rundfahrt zum Nordstrand samt Boxenstop beim lokalen Pub. Auf dem Gegen 21h kocht uns Carsten noch eine grandiose Portion Nudeln mit Tomatensoße und nach einem Gute-Nacht-Getränk geht’s ab ins Zelt.


Tag 2: um 1040h fährt unsere Fähre zurück uns heute ist es an Bord deutlich entspannter – auf diese Fähre können wir unsere Räder selber schieben und festlaschen. Gegen 1150h sitzen wir auf den Rädern und steuern das während der Überfahrt festgelegte Ziel Dangast am Jadebusen an.

Unser Plan, erstmal immer schön am Deich entlang zu fahren, wird recht schnell verworfen: der Wind ist nicht unser Freund. Erstens: er ist stärker als wir, Zweitens: er kommt immer von vorne, egal wir rum man sich dreht. Selbst ausgeklügelte Richtungsänderung erahnt der Wind und dreht sich mit.

In der Tat ist es sehr frustrierend, stundenlang statt der von gestern gewohnten 22 -23km/h Durchschnitt zu fahren, sondern den Tacho bei 12-15 km/h dümpeln zu sehen. Mich nervt das wahnsinnig an und lediglich inflationär eingelegte Pausen bei Bäckern, Sitzbänken und Biergärten bewahren uns davor, auszurasten.

Im Übrigen stellen wir fest, dass rein mechanisch betriebene Fahrräder offensichtlich ein in Ostfriesland unbekanntes Prinzip sind – dafür werden wir von Legionen E-Bikern nett bis grenzdebil grinsend überholt, natürlich häufig von gut gemeinten Ratschlägen wie „müsst ihr umdrehen, dann drückt der Wind“ und „Also bei mir läuft’s“. Danke.

Der Campingplatz in Dangast ist – tja, sagen wir mal: schön deutsch. Die fehlenden Bäume würden täuschend echt durch Flaggenmäste jeglicher Couleur ersetzt, so dass es dem naturverbundenen Camper prinzipiell an nichts fehlt.

Wir beschließen, ein dem anstrengenden Tag würdiges Abendessen zu uns zu nehmen und bestellen im Restaurant „Störtebecker“ Jägerschnitzel bzw. Cordon Bleu. Es war lecker, allerdings kam mir kurz in den Sinn, Loriot mit seinem großartigen „ja, sehr übersichtlich“ zu zitieren.

Der ostblockartig sortierte Campingplatz-Kiosk (Laugenstange von heute Morgen und 4 Stücke Kuchen, umringt von einer Armee leerer Regale) lässt unseren Plan, uns dann eben mit Chips zu sättigen, obsolet werden. Dann eben besagte Laugenstange und 2 Stück Kuchen.

 

Zur Ehrenrettung des Platzes: die sanitären Anlagen waren wirklich gut. 


Tag 3: nach morgendlichem Lamentieren über den gestrigen Wind stellen wir fest: es wird heute nicht besser werden.

Na gut, na toll, wo wollen wir hin? Harrier Sand, die längste Flussinsel Europas in der Weser wird als Tagesziel ausgemacht und angesteuert, nicht ohne vorher den angeblich so berühmten Phallus (eine entsprechend aussehende Skulptur am Dangaster Kurhaus) zu begutachten. Die Skulptur ist nicht halb so lohnenswert wie es klingen mag, also radeln wir schnell weiter.

Nach anfänglich schöner Gegend mit viel Wald folgt alsbald ein eher öder Radweg entlang einer Bundesstraße, die sich länger zieht als uns lieb ist – aber was soll’s heute ist das Ziel näher und wir haben es nicht eilig (im Gegensatz zum Wind, der offensichtlich unbedingt dahin will, woher wir kommen)

In Brake nehmen wir die Fußgänger- und Fahrradfähre, die etwas stündlich von und nach Harrier Sand fährt.

Der Zeltplatz ist sehr schön, idyllisch grün und direkt am Weserstrand gelegen – selbst der gegenüber liegende Industriehafen hat einen gewissen Charme.

 

Wir sitzen bis spät nachts am Strand, bevor wir am nächsten Morgen per Bahn wieder Richtung Bremen fahren.