Bolivien 2005: In der Salar de Uyuni


In Uyuni
In Uyuni

Die Salar de Uyuni ist ein Salzsee, und zwar der höchstgelegene Salzsee der Welt. In der Trockenzeit wandelt sich der See zur Salzwüste, während er in der Regenzeit tatsächlich ein See ist, der allerdings nur eine Tiefe von 0,5 bis 1,5 Metern hat.


Wir buchen eine Tour in die Salar bei einer Agentur in La Paz, die auf der sogenannten "Gringostraße" liegt (dort treiben sich nach Ansicht der Einheimischen eben nur Touris = Gringos rum). Das Agenturpersonal macht einen netten Eindruck: eine Niederländerin und ein Bolivianer schmeissen den Laden und beide sprechen ausgezeichnetes Englisch - uns als Spanischkoteletts kommt das sehr entgegen und wir buchen bei den beiden. Ausserdem kann man als Kunde solange an den Internetrechnern rumhängen wie man will...

Nach Uyuni werden wir mit Überlandbus und Zug fahren, den Rückweg werden wir komplett im Bus fahren (dazu später mehr), weil die Züge nur Dienstags undFreitags oder an jedem zweiten ungeraden Datum oder nur bei Vollmond oder Bodennebel fahren...so genau kann uns das hier auch niemand sagen.

Die Busfahrt nach Oruro bietet uns gleich das Gefühl von "das Land spüren, schmecken und riechen", das wir haben wollen: um uns herum sitzen Bauern und Bäuerinnen samt Kindern und Reiseverpflegung. Die traditionellen Wollröcke der Frauen sehen sehr rustikal aus, riechen allerdings auch so. Ebenso wie die Gerichte aus gekochtem Hünchen, die mit Reis in einer Plastiktüte vermengt sind und von fast jedem im Bus verspeist werden. Die Busse werden vornehmlich von ärmeren Menschen benutzt, da sie oft die einzige bezahlbare Transportmöglichkeit durch das Land sind (wenn es denn überhaupt Alternativen gibt). Bei Pausen gehen Albi und ich nur wechselweise auf Klo -was man so Klo nennt-, denn wir wurden eindringlich darauf hingewiesen, daß die Dauer der Pausen von der Laune der Fahrer abhängt und NICHT von der Tatsache, daß vielleicht noch nicht alle Passagiere wieder an Bord sind.

Nach etwa 6 Stunden kommen wir in Oruro an, die Endstation des Busses. Der Hauptbahnhof sei etwa 3 Kilometer entfernt und wir halten Ausschau nach einem Taxi. Genau das macht wohl auch ein Pärchen, die sich als Geschwister herausstellen und aus Dänemark kommen.
Also verhandelt der Däne kurzerhand mit dem Taxifahrer und drückt den vorher verlangten Träumerpreis auf 10 US-Dollar für uns vier und unsere Rucksäcke (man weiß ja nie).

Die Dänen planen den gleichen Zug zu nehmen wie wir auch, was allerdings nicht SO ungwöhnlich ist, denn es fahren nur 2 Züge am Tag.
Die Zugfahrt ist unspektakulär, die Ankunft in Uyuni allerdings nicht. Gegen 2 Uhr nachts kommen wir an und schon warten diverse Jeeps bzw Agenturmitarbeiter am Bahnhof. "Ihr werdet dort abgeholt und zu einem Hotel gebracht", hatte man uns in La Paz gesagt. Es wurden auch alle anderen Reisen abgeholt - WIR nicht.

Die Überlegung, am Banhhof zu schlafen verwefen wir wieder, denn es sind etwa -5 Grad C und wir stapfen in das nächstegelegene Hotel. Für 12 Dollar (Vorkasse natürlich) bekommen wir ein Doppelzimmer samt warmer Dusche - ein Traum.

Albi und ich am Jeep
Albi und ich am Jeep

Unsere beiden Dänen treffen wir morgens beim Frühstück in einem "Bistro" wieder und nach kurzen Suchen auch das Büro unserer Agentur. Natürlich sei jemand am Bahnhof gewesen, um uns abzuiholen, aber WIR seien ja nicht dagewesen, sagt man uns. Ja nee, is klaa. Egal - unser Jeep steht gegen 9 Uhr morgens bereit und nachdem das Gepäck auf dem Dach verzurrt ist (heisser Tipp: unbedingt den Rucksack in einen Packsack stecken), steigen wir ein und es geht los. Mit uns im Jeep sind eine Renterin und 4 junge Mädels; die beiden Mädels neben mir kommen aus Schottland und haben nur eine Tagestour gebucht. Die beiden neben Albi planen genau wie wir eine 2-Tagestour und nachdem ich ein paar Sätze vorne mitgehört habe, fällt mir ein doch nicht zu überhörender deutscher Akzent auf. Die Überrschung ist groß, als wir feststellen, daß Andrea auch wie wir aus Bremen kommt und Jana aus Hamburg.Die Tour in der Salar scheint sehr lustig zu werden...

Der Anblick ist unglaublich. Nach einem kurzen Zwischenstop in einem Dorf am Rande des Sees jagt der Jeep über eine schier endlos weiße Fläche, die in der Sonne glitzert. Am Horizont kann man eine Bergkette erahnen und wer keine Sonnenbrille dabei hat, wird dies noch bereuen: das Salz reflektiert das Sonnenlicht unglaublich stark, kein Wölkchen ist am Himmel zu sehen.

Wir steigen am "Salzhotel" aus und machen eine Pause; das Hotel ist tatsächlich komplett aus Salzblöcken erbaut, ebenso wie die Möbel im Hotel. Das Hotel ist allerdings geschlossen - nicht weiter schlimm, wir wollen ja eh noch weiter. Es ist recht kalt, sobald man den Jeep verlässt, denn ein ständiger Wind bläst ungehindert über die Ebene.
An einigen Stellen sprudelt Wasser aus dem Boden und bildet recht große Salzwasserpfützen, die in verschiedenen Farben glänzen: das Wasser spült Erze aus dem Erdreich mit hoch.

Als alter Habtiker stecke ich natürlich meine Griffel in eine der Pfützen und bereue es gleich wieder; die Salzkonzentration ist so hoch, daß meine Haut angegriffen wird und anfängt zu brennen. Nicht so schlimm, abwischen und gut ist. Zur Sicherheit aber die Hände gleich eingecremt.

Nach einer Weile sehen wir eine Insel aus dem allgegenwärtigen Weiß auftauchen: die Isla de Pescado (Fischinsel). Sie ist der Anlaufpunkt für alle Jeeps und sogar für kleine Flugzeuge (wohl für die besser Betuchten). Die Insel ist übersät von riesigen Kakteen und wir beschliessen, die Insel zusammen mit Andrea und Jana zu erkunden. Der Ausblick vom höchsten Punkt der Insel ist gewaltig - zu allen Seiten hin erstreckt sich eine konturlose, weiße Ebene. An den Ufern der Insel erscheint die Salzdecke wie eine gefrorene Brandung, Dreckablagerungen erscheinen wie Wellen.

Nach einer Weile sehen wir eine Insel aus dem allgegenwärtigen Weiß auftauchen: die Isla de Pescado (Fischinsel). Sie ist der Anlaufpunkt für alle Jeeps und sogar für kleine Flugzeuge (wohl für die besser Betuchten). Die Insel ist übersät von riesigen Kakteen und wir beschliessen, die Insel zusammen mit Andrea und Jana zu erkunden. Der Ausblick vom höchsten Punkt der Insel ist gewaltig - zu allen Seiten hin erstreckt sich eine konturlose, weiße Ebene. An den Ufern der Insel erscheint die Salzdecke wie eine gefrorene Brandung, Dreckablagerungen erscheinen wie Wellen.
Weiter geht die Tour. Wir fahren quer durch den See und steuern unser Nachtquartier an, wo die Schottinnen und die Französin uns verlassen werden - sie werden von einem anderen Jeep zurück nach Uyuni gebracht.
Nach etwa 1 1/2 Stunden nähern wir uns dem Rand des Sees, hier sind sehr große Wasserstellen zu sehen, die erahnen lassen, wie es in der Regenzeit aussehen mag.

Unsere Unterkunft
Unsere Unterkunft

Unser "Hotel" wirkt von aussen eher wie eine verlassene, verfallene Siedlung, anscheinend haben wir im Kopf immer noch nicht auf Bolivien umgestellt. Wir beziehen zusammen mit den Mädels ein 4-Bett-Zimmer und nach Inspektion der Betten bin ich froh, daß wir die Nacht im Schlafsack verbringen werden. Ich beschliesse, jeder Wanze oder sonstigem Getier, welches nachts zum Angriff auf mich stürmen mag, einen heroischen Kampf zu liefern.

Es ist kalt - sehr kalt. Allerdings ist es keine unangenehme Kälte aufgrund der niedrigen Luftfeuchtigkeit. Es werde aber noch viel kälter heute nacht, verkündet Albi, denn er hat festgestellt daß die vermeindlichen Fensterscheiben lediglich aus milchiger Plastikfolie bestehen. Weltklassse - ich liebe so etwas, DAS ist doch mal abenteuerlich. Ich beschließe, das für zuhause auch in Betracht zu ziehen.
Das Essen wird von einer uralten Frau serviert, die wahrscheinlich nicht so alt ist, wie sie aussieht. Das gekochte Hühnchen (schon wieder) und die Kohlsuppe sind grenzwertig, aber wir haben riesigen Hunger und essen alles brav auf. Das soll sich als Fehler erweisen; als großer Fehler.
Als Andrea und ich zum Rauchen nach draußen gehen, erwartet uns ein unfassbarer Anblick: so einen Sternenhimmerl habe ich meinem Leben noch nicht gesehen. Wie ein breites, strahlend helles Band zieht sich unser Milchstraßenarm von Horizont zu Horizont. So etwas werden wir im hellen Europa wohl höchstens am Nordkap erleben können. Wir vier stehen draußen, ignorieren die Eiseskälte und bestaunen dieses Naturschauspiel.

Die Temperatur in unserem Zimmer liegt einiges unter dem Gefrierpunkt. Das alleine wäre kein Problem, aber Albi's Magen wehrt sich nun gegen das Essen. Er wägt ab - liegenbleiben und aushalten oder raus über den Hof zur Latrine, bei deren Benutzung man sich noch weitere Krankheiten einhandeln kann. Er bleibt liegen bis es nicht mehr geht und pumpt sich selbst mit Imodium Akut voll.
Willkommen in Südamerika.
Am nächsten Tag streifen wir durch die Landschaft; unser Quartier ist Teil eines kleinen Dorfes, in dem es nichts zu sehen gibt - aber die Atmosphäre alleine genügt uns, fernab von der Zivilisation der Großstadt. Das Dorf liegt am Fuße eines erloschenen Vulkans, den wir bis zur halben Höhe besteigen, dann meldet sich Albis Magen wieder und wir drehen um. Also bleiben wir eben in der Nähe des Quartiers, in ein paar Stunden soll uns sowieso der Jeep abholen.
Wir sind sehr überrascht, daß sich in den Wasserlachen Flamingoschwärme herumtreiben. Die erwartet man ja eher neben Don Johnson in Florida, aber nicht hier!

Der Jeep holt uns ab und bringt uns nach Uyuni zurück, von wo wir gegen 21 Uhr den Bus zurück nach La Paz nehmen werden. Andrea verabscheidet sich, denn sie fährt direkt nach Peru weiter und Jana ist auf einem anderen Bus Richtung La Paz gebucht - wir verabreden uns aber mit Ihr für den nächsten Morgen in La Paz.
Der Bus macht von außen einen ordentlichen Eindruck, der sich aber von innen nicht bestätigt: die Fensterscheibe neben mir ist mit Klebeband im Rahmen fixiert und dementsprechend zieht es wie Hechtsuppe hinein. Es sind vielleicht 5 Grad im Bus, Albi friert, geschwächt durch den Durchfall, noch mehr. Nun erwischt es auch mich - der Magen meldet sich, und zwar richtig. Wir sitzen in einem eiskalten Bus ohne Toilette, haben 13 Stunden Fahrt vor uns und unsere Mägen wollen sich alle 10 Minuten erleichtern.
Es sind mit die längsten Stunden, die ich je erlebt habe. Ich friere, muss ununterbrochen ans schei**** denken und bekomme auch noch Fieber - Albi geht's genauso.

Erlösung winkt erst gegen 04.30 Uhr an einem Umsteigebahnhof, hier haben wir 30 bolivianische Minuten (also irgendwas zwischen 5 Minuten und 2 Stunden) Aufenthalt. Ausgeschilderte Toiletten! Wie fast überall auf der Welt kostet die Benutzung auch hier etwas, allerdings muss man vorher zahlen, sonst gibt's weder ein Durchkommen noch das nötige Klopapier.
Ich lege 5 Dollar auf den Tisch (Kleingeld? Fehlanzeige), reiße der guten Frau die Rolle aus der Hand und finder die ersehnte Erlösung. Der Anschlussbus ist zum Glück auch noch da, als wir wieder herauskommen und so treffen wir dann gegen 8 Uhr müde, fiebrig und dehydriert in La Paz ein.